„Ich muss meinen Sohn jeden Tag zu den Hausaufgaben zwingen, sonst würde dieser seine Hausaufgaben nicht erledigen. Am Ende geht es immer gleich aus, ich setzte mich dazu und es endet deprimierend. Bei seinem ersten kleinen Fehler bekommt er einen Schreianfall und möchte nicht weitermachen.“ (Vanessa, 39, Mutter von 3 Kindern)
Solche oder ähnliche Erfahrungen machen viele Eltern und wissen nicht mehr weiter. Überforderung und Ratlosigkeit machen sich breit und sich mit dem täglichen Drama auseinanderzusetzen, strapaziert bei vielen Müttern und Vätern die Nerven. Hier sind vier Anregungen und Tipps, die helfen sollen, diese stressige Situation zu bewältigen.
Als Elternteil, das zu Hause ist und dem Kind helfen soll, sind Sie immer in einer schwierigen Lage. Hausaufgaben müssen erledigt werden und daraus entsteht Stress – Stress, den das Kind auch spürt und verkraften muss. Den Spagat zwischen Helfen und Unterstützen zu schaffen, gleichzeitig aber keine Lösung vorzugeben, ist schwer und aufgrund von Zeitdruck oder -mangel auch manchmal nicht realistisch umsetzbar. Sicherlich ist es pädagogisch wenig sinnvoll, dem Kind den Englischsatz einfach vorzusagen oder die Aufgabe aus dem Mathe-Heft schließlich selbst zu lösen. Im Alltag passiert das aber und das ist auch normal.
Eine von Eltern häufig gestellte Frage lautet: Was ist Laissez-faire, was ist zu viel Kontrolle? Gelassenheit oder Heraushalten fällt oftmals schwer, da Eltern natürlich mitfiebern. Trotzdem gilt bei Hausaufgaben eigentlich, dass Kinder in der Lage sein sollten, diese allein zu erledigen. Trotzdem sollten Kinder zu Hause nicht völlig neue Probleme lösen müssen – zum Beispiel Aufgaben erledigen, die einen wesentlich höheren Schwierigkeitsgrad als in der Schule haben oder Aufgaben, die dem Zeitumfang nicht angemessen sind. In der Praxis wissen wir, dass es oftmals anders läuft. Eltern sollen sich das immer bewusst machen. Es kann vorkommen, dass Aufgaben vielleicht zu schwer oder zu viel sind. Manchmal benötigt das Kind auch einfach noch Hilfe, weil es den Stoff nicht verstanden hat. All das ist okay und es geht auch anderen auch so.
Hausaufgaben sind oft öde, ein lästiges Übel, halten vom Spielen ab und stehen oft den Interessen des Kindes entgegen. Erinnern Sie sich selbst zurück. Alle Eltern waren auch mal in der Schule und haben selbst mit Hausaufgaben zu kämpfen gehabt. Es ist eine Illusion, dass alle Themen nur aus Begeisterung heraus gelernt werden. Deshalb ist es wichtig, Ihr Kind zu motivieren. Außerdem können Sie es anregen, Rückmeldung zu geben, wenn es Probleme oder Schwierigkeiten in der Schule hat.
Erkennen Sie die Anstrengungen Ihres Kindes und ihre eigene an. Es macht viel aus, wenn Eltern die Bereitschaft zeigen, sich mit Hausaufgaben auseinanderzusetzen. Als Eltern sollten Sie unterstützen – jedoch nicht im Sinne der Hausaufgabenerledigung, sondern so, dass ihr Kind sich gesehen fühlt. Erkennen Sie die Bemühungen und Anstrengungen Ihres Kindes an.
Jeder Mensch hat andere Grenzen, das gilt für Eltern und Kinder gleichermaßen. Als Eltern sollten Sie Ihrem Kind zuhören und mit ihm sprechen. Fragen Sie Ihr Kind, ob es heute zu viele Hausaufgaben sind. Sollte dieses zustimmen, können Sätze wie: „Ich bin stolz und dankbar, dass du trotz der großen Menge dranbleibst und deine Hausaufgaben erledigst“ Ihre Wertschätzung ausdrücken.
Kinder lernen am besten, wenn sie intrinsisch motiviert sind. Damit ist die Motivation gemeint, die von innen kommt – zum Beispiel aus Freude oder Neugier. Zudem sollte man Kindern immer das Bild vermitteln, dass Fehler menschlich sind und sie nichts über den eigenen Wert aussagen. Vermittelt man Kindern das Gegenteil, so werden diese eine geringere Motivation zeigen, ihre Hausaufgaben zu erledigen oder für Schulaufgaben zu lernen.
Behalten Sie bei der ganzen Unterstützung aber auch Ihre eigenen Bedürfnisse im Auge. Es gibt einfach Tage, an denen man nicht so helfen kann, wie man gerne würde und das ist okay. Setzten Sie sich deshalb nicht unter Druck und kommunizieren Sie Ihre Gefühlslage auch Ihrem Kind gegenüber ehrlich und offen.
Neben der Schule gilt es auch einen Alltag zu meistern. In stressigen Phasen oder Situationen neigt man deshalb gerne dazu, die Hausaufgaben selbst zu bearbeiten, um diesen Stressfaktor zu beseitigen. Natürlich sollte das nicht so sein. Behalten Sie aber im Kopf, dass es Teil der Realität ist. Die Übernahme der Aufgabenlösung sollte aber keinesfalls zu Ihrer Routine werden.
Es ist schwer zu ertragen, wenn man sieht, dass das eigene Kind verzweifelt oder sogar in Tränen ausbricht. Trösten Sie Ihr Kind und zeigen Sie, dass Sie für es da sind. Erledigen Sie deshalb aber nicht die Hausaufgaben oder die Vorbereitung eines Referats. Denn sonst lernen Kinder, dass Ihre eigenen Fähigkeiten nicht ausreichen und Sie deshalb immer auf Hilfe angewiesen sind. Außerdem kann es eine ungünstige Fehlerkultur unterstützen. Ihr Kind hat nicht die Chance, eigene Fehler zu machen, so kann es sich nicht weiterentwickeln und verinnerlicht, dass Fehler nicht sein dürfen.
Oft erzeugen Schulen auch den Eindruck, dass Hausaufgaben auf Biegen und Brechen erledigt werden müssen, ungeachtet jeglicher Grenzen. Falls die Menge der Hausaufgaben zu viel wird, empfiehlt es sich, zunächst mit der Klassenlehrkraft oder anderen Eltern zu sprechen. Vielleicht haben andere Eltern dasselbe beobachtet oder die Klassenlehrkraft geht davon aus, dass es sich um eine angemessene Menge handelt, da es ihr oder ihm nie anders zurückgemeldet wurde.
Stellen Sie fest, dass Ihr Kind jeden Tag zu viel Zeit für die Hausaufgaben aufbringen muss, sprechen Sie die Lehrkraft an. Möglicherweise können im Dialog individuelle Ursachen ausgemacht werden – beispielsweise eine mögliche Lese-Rechtschreib-Schwäche.
Wichtig zu wissen: Falls es Ihr Kind nicht schafft, seine Hausaufgaben zu erledigen, können Sie eine schriftliche Entschuldigung einreichen und so Ihr Kind entlasten. Das darf nicht zur Gewohnheit werden, ist aber eine gute Option, um den Druck herauszunehmen.
Als Eltern sollten Sie vor allem dabei helfen, gute Rahmenbedingungen herzustellen. Schaffen Sie eine ruhige Lernumgebung, in der das Kind konzentriert arbeiten und sich dorthin zurückziehen kann
Partielle Anwesenheit: Als Elternteil sollten Sie während Ihr Kind die Hausaufgaben erledigt und lernt nicht permanent neben Ihrem Kind sitzen und dieses überwachen. Denn das kann Ihr Kind unter Druck setzen und die Qualität der Arbeit beeinträchtigen. Sind die Hausaufgaben erledigt, ist es möglich, diese noch gemeinsam durchzusprechen. Je älter Ihr Kind, desto mehr Freiraum sollten Sie ihm einräumen. Halten Sie sich also in einem anderen Raum auf und gehen Sie Ihren Tätigkeiten nach. Sollte es Fragen geben, kann Ihr Kind zu Ihnen kommen und Sie können unterstützen.
Zeitbegrenzung: Neigt Ihr Kind dazu, zu lange am Schreibtisch zu sitzen, können Sie einen „Lerntimer“ stellen. Dabei legen Sie einen angemessenen Zeitrahmen fest. Ist die Zeit abgelaufen, wird das Lernen beendet. Natürlich kann hier auch mit Puffern gearbeitet werden, mehr als 20 Minuten sollte aber nicht überzogen werden.
Lern- und Pause-Phasen: Sehr viel am Stück zu lernen, ist wenig effektiv, da die Lernkurve stark abfällt. Außerdem nimmt auch die Konzentration und Motivation ab. Deshalb sollten bewusste Pause-Phasen integriert werden. Ein Beispiel: Zuerst werden die Mathe- und Latein-Hausaufgaben erledigt, dann gibt es eine kurze Bewegungspause. Im Anschluss folgen dann Englisch und Chemie. Die genaue Taktung von Pause- und Lernphasen können dabei individuell variiert werden. Der Wissenschaft zufolge sollte spätestens nach 90 Minuten eine Pause eingelegt werden. Jüngere Kinder sollten bereits nach 45 Minuten eine Pause machen. Die Pausenzeit sollte dabei möglichst aktiv genutzt werden, vielleicht ein Spaziergang oder eine kurze Schneeballschlacht.
Wochenpläne: Wochenpläne können entlastend sein, da so eine klare Struktur festgelegt wird. Außerdem kann man damit herausfinden, wann Hausaufgaben am besten erledigt werden sollten. Um einen Wochenplan zu erstellen, setzen Sie sich mit Ihrem Kind zusammen und tragen alle Nachmittagsaktivitäten sowie den Schulbesuch ein. Daraufhin können Sie gemeinsam überlegen, wann die Hausaufgaben gemacht werden können. Wichtig ist, im Kopf zu behalten, dass es sich lediglich um einen Plan handelt. Davon abzuweichen, ist kein Beinbruch. Inflexibilität kann nämlich zu noch mehr Stress führen und so die Probleme verschlimmern.
Die deutschen Kinder verbringen durchschnittlich 5 Stunden pro Woche mit dem Erledigen der Hausaufgaben. Damit liegen wir im OECD-Länder-Durchschnitt. Deutlich mehr Zeit wenden chinesische Kinder auf. Diese verbringen mehr als die doppelte Zeit mit dem Erledigen der Hausaufgaben.
Das Hausaufgabenpensum sollte sich mit der Klassenstufe steigern, bis es ab der 7. Klasse etwa gleich bleibt. Eine Ausnahme sind Abschlussklassen. Hier ist ein deutlich höheres Pensum zu erwarten.
Die Wissenschaft konnte in den vergangenen Jahren nur sehr kleine Effekte für den Nutzen von Hausaufgaben finden. Deshalb gibt es bereits einige Schulen, die keine Hausaufgaben mehr aufgeben. Die Entwicklung in den nächsten Jahren wird zeigen, inwiefern Hausaufgaben weiterhin ein Thema sind.
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*Der 14-tägige Test umfasst eine gratis Probestunde
(**Quelle: Trustpilot, Stand: 20.02.2023)